Julian Rosefeldt

Mit Nothing is Original widmet C/O Berlin dem Künstler und Filmemacher Julian Rosefeldt eine umfassende Werkschau, die erstmals Arbeiten aus insgesamt 30 Jahren versammelt. Mit bislang unveröffentlichten Storyboards, Skizzen, Set-Fotografien und Making-Of-Dokumentationen gewährt sie einen seltenen Einblick hinter die Kulissen seiner Bildproduktion. Rosefeldt gehört zu den bedeutendsten Kunst- und Filmschaffenden der Gegenwart. Mit seinen aufwändig inszenierten Film- und Videoinstallationen bespielt er museale Räume, Theater und Opernhäuser, Kinosäle und postindustrielle Areale und hinterfragt dabei stets die Mechanismen der Bildproduktion sowie die Konstruktion von Narrativen und Ideologien. Seine Arbeiten bewegen sich zwischen Fiktion und dokumentarischer Recherche, zwischen Inszenierung und Analyse.
Ein zentrales Thema in seinem Werk ist die Dekonstruktion von klassischen Filmgenres und TV-Formaten. Indem er Western- und Gangster-Filme, Slapstick und Science-Fiction, aber auch Nachrichtensendungen und Seifenopern in ihre erzählerischen Grundelemente zerlegt, macht er ihre Strukturen sichtbar. So greift er in American Night (2009) ikonische Motive des Westerns auf – vom einsamen Reiter in der Prärie bis zur Saloon-Prügelei – und durchbricht die vertraute Bildwelt mit unerwarteten Zitaten aus Film, Politik und Popkultur.
Diese Technik des Aneignens und Zitierens verbindet sich mit einer medienarchäologischen Herangehensweise, in der Rosefeldt Archivmaterial und Found Footage nutzt, um stereotype Erzählweisen, Geschichtsmythen und kulturelle Ordnungssysteme freizulegen. Er collagiert und rekombiniert bestehende Bilder, Texte und filmische Elemente und schafft so neue Bedeutungsebenen.


Auch der Ausstellungstitel Nothing is Original verweist auf dieses Prinzip: Er stammt aus den Golden Rules of Filmmaking von Jim Jarmusch, der seinerseits Jean-Luc Godard zitierte. Darin heißt es: „Steal from anywhere that resonates with inspiration or fuels your imagination. […] It’s not where you take things from – it’s where you take them to.“
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Auseinandersetzung mit Geschichte und Ideologien. Immer wieder reflektiert Rosefeldt die bis in die Gegenwart führenden Spuren der NS-Zeit, aber auch den Wandel politischer und gesellschaftlicher Erzählungen. In der 4-Kanal-Installation Meine Heimat ist ein düsteres, wolkenverhangenes Land (2011) setzt er sich mit dem deutschen Heimatbegriff auseinander und hinterfragt die ideologische Aufladung von Landschaft und Nationalgefühl.
Gleichzeitig interessiert ihn der Blick hinter die Kulissen: Viele seiner Werke thematisieren die Übergänge zwischen Bühne und Backstage, zwischen Fiktion und Realität. Indem er filmische Produktionsprozesse sichtbar macht, setzt er sich mit dem Medium und dessen Rolle bei der Konstruktion von Wirklichkeit auseinander. Diese Reflexion über Film und Inszenierung zeigt sich in Rosefeldts intermedialer Arbeitsweise. Seine Filme befassen sich nicht nur mit gesellschaftlichen Narrativen, sondern auch mit dem Kino selbst – als Archiv, Experimentierfeld und Mythenmaschine.
Mit Nothing is Original eröffnet C/O Berlin nicht nur einen umfassenden Einblick in Rosefeldts filmisches Werk, sondern auch in seinen kreativen Schaffensprozess. Eine begleitende Publikation wird bei Spector Books erscheinen und gewährt einen vertiefenden Blick auf die künstlerische Methodik Rosefeldts.

Julian Rosefeldt (*1965 in München) studierte Architektur in München und Barcelona. Seit 1999 lebt und arbeitet er in Berlin. 2009/10 war er Gastprofessor für Digitale Medien an der Bauhaus-Universität Weimar. Seit 2010 ist Rosefeldt Mitglied der Abteilung Film- und Medienkunst an der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Seit 2011 lehrt er als Professor für Medienkunst an der Akademie der Bildenden Künste München. Rosefeldts Video- und Filmarbeiten changieren an der Schnittstelle zwischen narrativem Film und Videokunst. Seine Werke sind aufwendig inszenierte Installationen, zumeist angelegt als Mehrkanal-Projektionen, die sich durch eine komplexe Verflechtung verschiedener Dimensionen unserer Wirklichkeit auszeichnen. Einzelausstellungen wurden zuletzt u.a. in folgenden Institutionen gezeigt: Weltkulturerbe Völklinger Hütte (2023), Park Avenue Armory New York (2022), Museum MACAN Jakarta (2020), Hirshhorn Museum Washington (2019), Auckland Art Gallery (2018), Musée d’Art Contemporain Montréal (2018), Nikolaj Kunsthal Kopenhagen (2017), Nationalgalerie Prag (2017), Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart Berlin (2016), Sprengel Museum Hannover (2016), und ACMI – Australian Centre for the Moving Image Melbourne (2015). In den vergangenen Jahren waren Rosefeldts Arbeiten zudem u.a. in folgenden Gruppenausstellungen zu sehen: Die Kunst der Gesellschaft, Neue Nationalgalerie Berlin (2021-2023), The Cindy Sherman Effect, Kunstforum Wien (2020), Hollywood and other Myths, Tel Aviv Museum of Art (2018) und Conflict, Time, Photography, Tate Modern London (2014). Seine Werke befinden sich in zahlreichen nationalen und internationalen Sammlungen, u.a.: Nationalgalerie Berlin, Staatsgalerie Stuttgart, Sammlung Goetz München, National Gallery of Victoria Melbourne, Art Gallery of New South Wales Sydney, und MoMA New York.






